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…und manchmal
riecht’s nach Himmel
Religionsunterricht in einer Schule für
Körperbehinderte, in großer Runde mit mehreren Klassen
„Die Kerze brennt hell und warm, sie brennt jetzt für Dich,
Gott ist da.“ Ein einfacher Zuspruch an jeden einzelnen
gerichtet ist zu einem festen Bestandteil des
Religionsunterrichts für schwerstmehrfache behinderte
Schülerinnen und Schüler geworden, die den
Religionsunterricht gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern
des Bildungsganges geistige Behinderung feiern..
Beteiligt ist die Klasse M 5 mit fünf
Schüler/innen, die OST 1 mit 5 Schüler/innen , die Klasse MST 2 mit
zwei Schüler/ innen, sowie zwei weitere Gäste aus dem Bereich der
schwerstmehrfachbehinderten Schüler/innen. Die Schüler/innen sind
eingeschränkt in ihren Möglichkeiten sich auszudrücken bis hin zu
einigen nichtsprechenden Schüler/innen. Es sind mehrere Lehr- und
Begleitkräfte in der Runde versammelt, die dem gemeinsamen Gesang
auch eine Fülle verleihen. Für diese Form wird ein großer leerer
Raum benötigt, der schön gestaltet werden kann. Ansatzpunkt den
Religionsunterricht in dieser Art zu gestalten, ist die Idee, die
Stunde mit festen ritualisierten Elementen und zahlreichen Gesängen
zu versehen, um damit den Schüler/innen eine klare wiederkehrende
Grundstruktur zu geben. Da wir keinen Kirchturm zur Verfügung haben
beginnt und endet jede Stunde mit dem Klang dreier Klangschalen.
Diese Aufgabe haben schon sehr früh abwechselnd die Schüler/innen
übernommen. Es läutet die Stunde ein und führt zur Ruhe. Beim
gleichbleibenden Begrüßungslied wird jedes Kind beim Namen genannt.
Anschließend wird die Kerze angezündet. Anfänglich haben den
Zuspruch die Lehrkräfte gesprochen, mittlerweile haben wir entdeckt,
dass sich die Schüler/innen sehr gerne bereit erklären, diesen
Zuspruch, dass Gott für uns da ist, übernehmen, sei es mit Hilfe
einer Sprechtaste für die nichtsprechenden Kinder oder sei es
persönlich ausgesprochen.
Dieser Teil ist fester Bestandteil das
gesamte Schuljahr hindurch, Woche für Woche und die Schüler/innen
freuen sich darauf, das sichere Wissen, dass die Zusage kommt, tut
ihnen gut. Nach einem Lied, das meist mit Gesten gesungen wird,
kommt dann ein inhaltlicher Teil. Der inhaltliche Teil wechselt so
circa nach sechs Wochen und innerhalb der sechs Wochen gibt es
unterschiedliche Nuancen. Im Schuljahr wurden unterschiedliche
Geschichten behandelt und auf eine einfache Kernaussage reduziert:
Jesus gewinnt Zachäus als Freund, Jesus teilt mit seinen Freunden
das Brot, der barmherzige Samariter hilft dem Verwundeten. Dadurch,
dass aber eine Geschichte über mehrere Wochen immer wieder erzählt
und dargestellt wird, können die Schüler/innen in die Geschichte
hineinwachsen, bis dahin, dass sie sich selbst einbringen, Rollen zu
übernehmen.
Hier ist die Mischung wohltuend,
die Schüler/innen mit Schwerstmehrfachbehinderung lassen
sich vom Engagement der Oberstufenschüler/innen anregen,
was manches Mal durch den entsprechenden
Gesichtsausdruck deutlich wird, insgesamt auch als
Atmosphäre spürbar ist. Dann ist spürbar, dass alle sich
in dieser Runde wohl fühlen. Wenn die Konzentration
nachlässt erhebt dann Marc seine Stimme und sagt „er
leite Dich, er tröste Dich, er halte Dich in seiner
Hand“.Damit zitiert er eine Zeile des Segensliedes, dass
die feierliche Stunde abschließt. Wenn dann die
Klangschalen ausschwingen und die Kerze ausgeblasen ist
sind wir als Lehrkräfte immer wieder beeindruckt auf
welche Resonanz die Rituale und das wiederkehrende
vertiefen der Geschichten stoßen. Es kann dann schon
passieren,
dass man unter der Woche von
Schüler/innen angesprochen wird: „Und ich spiel’ den
Zachäus“ – selbst dann noch,
wenn schon vier Wochen das
nächste Thema behandelt wird.
Tobias Haas |
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